Wittkopsbostel – „Emma“ hat es noch immer drauf.

Fast 70 Jahre ist die stolze Diesel-Dame alt. An Wendigkeit mangelt es ihr aber nicht. Auch sonst macht „Emma“ einen recht rüstigen Eindruck. Ihre Hupe funktioniert wie eh und je, und ja, auch der rot-weiße Lack ist noch lange nicht ab. Ob sie heute, zwei Jahre, nachdem sie aus dem Dienst genommen wurde, noch gerne im Einsatz wäre – zu Bränden etwa oder zu Unfällen? Man weiß es nicht, ein sprechendes Auto wie K.I.T.T. aus der Kult-TV-Serie „Knight Rider“ ist „Emma“ nicht. Den Ruhestand hätte sie sich nach all den Jahrzehnten aber redlich verdient – so oder so.

Da steht „Emma“, das formschöne Tanklöschfahrzeug, also an diesem verregneten Dienstagabend – vor dem Feuerwehrhaus am Boscheler Krohnskamp. Um sie herum haben sich Hans Meinken, Walter Heitmann, Friedhelm Pich und Helmut Schlobohm versammelt – vier Herren ebenfalls nicht mehr ganz taufrischen Alters. Früher waren sie noch aktive Feuerwehrleute im Dorf, sind mit „Emma“ im Ernstfall ausgerückt. Heute gehören sie längst der Altersabteilung an – und den örtlichen Oldtimerfreunden, einer 17-köpfigen Gruppe, die sich schon seit vielen Jahren hingebungsvoll darum kümmert, dass der für Feuerwehrzwecke umgerüstete Mercedes-Bus, ein sogenanntes TLF 15, auch in seinem 68. Lebensjahr noch immer so schön glänzt und schnurrt, als sei der gerade erst vom Band gerollt.

Das Gerätehaus hat „Emma“ mittlerweile gegen die Garage eines Kameraden eingetauscht – seitdem die Boscheler Brandschützer von der Gemeinde ein TLF 18, das vorher in Westervesede in Gebrauch war, zur Seite gestellt bekommen hatten. 2018 war das. Damit hatte „Emma“ offiziell ausgedient. „Mit unserem TSF wäre in der Halle einfach auch kein Platz mehr für ein drittes Fahrzeug gewesen“, begründet Friedhelm Pich, der Chef der Oldtimerfreunde, den Standortwechsel.

Das sah 1987, als „Emma“ nach Wittkopsbostel kam, noch anders aus. Damals war es die Ortswehr, die nach einem Neubau ihres Domizils noch Kapazitäten frei hatte. Und so wurde die seinerzeit schon nicht mehr zum jungen Eisen zählende Dame nach jeweils langjährigen Einsatzstationen in Scheeßel und in Hetzwege in neue Obhut gegeben. „Das Fahrzeug wollte damals kaum noch jemand haben – obwohl es trotz seiner 50er-Jahre-Optik noch wirklich gut in Schuss war“, erinnert sich Helmut Schlobohm. Früher, ergänzt Pich, sei dem Thema Oldtimer allgemeinhin auch noch nicht so viel Bedeutung beigemessen worden wie heute.

Ihr Alter trägt „Emma“ übrigens ganz öffentlich zur Schau: Plaketten, die Boscheler Oldtimerfreunde nennen sie „Gefrierfleischorden“, schmücken den Kühlergrill. 25, 40, 50 und 60 Jahre – und bald schon wird eine weitere für 70 Jahre fällig sein. Was die Kameraden besonders stolz macht: 2018 galt „Emma“ niedersachsenweit als das älteste, noch für Einsätze aktiv genutzte Feuerwehrfahrzeug.

Ob der 93-PS-starke Siebensitzer mit seinem 2 400 Liter fassenden Wassertank unterwegs auch schon mal schlappgemacht habe? „Nein, nein, auf unsere ,Emma‘ war immer Verlass“, beteuert Schlobohm, selbst bereits mehr als 60 Jahre Mitglied in der Ortswehr und damit mehrfacher Ordensträger. Nur ein einziges Mal – die Boscheler seien mit ihrem Schmuckstück gerade auf dem Weg zu einem Oldtimertreffen im ostfriesischen Hesel gewesen – hätte die Batterie plötzlich den Geist aufgegeben, auf einem Autobahnparkplatz „Somit hatten wir kein Licht mehr – was aber nicht mit der Fahrzeugtechnik zusammenhing.“ Mit vereinten Kräften habe man „Emma“ durch Anschieben schließlich wieder zum Laufen bringen können – „Gott sei Dank hatten wir damals schon vorher das Wasser abgelassen“, so Hans Meinken schmunzelnd, dem wie seine Mitstreiter die regelmäßigen Touren zu den überregionalen Treffen fehlen würden. „Wegen Corona ist dieses Jahr alles gestrichen worden“, sagt er.

Überglücklich sei das Quartett darüber, dass die Gemeinde Scheeßel „Emma“ vor zwei Jahren nicht anderweitig veräußert oder gar der Schrottpresse überlassen habe, sondern zu einem gewissen Betrag an die Oldtimerfreunde abtrat. Die „Emma“-Fans selbst, betont Friedhelm Pich, würden das kultige Gefährt aus Blech und Holz, das bis auf ein Pumpenlaufrad und natürlich den Reifen noch komplett aus den Metz-Originalteilen besteht, jedenfalls für keinen Preis der Welt mehr hergeben.

Und mit einer jungen Generation, die es innerhalb der Gruppe geben würde, sei auch in Zukunft sichergestellt, dass ihr Schmuckstück, das übrigens am 27. Oktober 2017 bei einem Schornsteinbrand im Dorf zum letzten Mal zur Hilfe ausrücken musste, noch lange glänzt und schnurrt.

Quelle: Kreiszeitung.de

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